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Was ist Web2.0? (zwischen Buzzword und neuen Entwicklungen)

Wir haben noch nicht alle älteren Artikel nachbearbeitet. Das bezieht sich in der Regel nur auf die Codebeispiele, die noch nicht optimal dargestellt werden.

Was ist Web2.0? (zwischen Buzzword und neuen Entwicklungen)

Seit ein paar Monaten geistert ein ominöses, heilbringendes "Web 2.0" durch Blogs und Fachpresse. Stefan Blanz wirft einen Blick auf die Websites, Techniken und Dienste, die zum Hype um diese "zweite Revolution im Internet" beigetragen haben.

Die Übernahme von YouTube durch Google war auch den klassischen Medien eine Meldung Titelschlagzeilen wert.Google hat Youtube für 1,65 Milliarden Dollar geschluckt. Die Gründer des Video-Sharing-Dienstes sind erst im Februar 2005 mit dem Slogan "Broadcast yourself" angetreten. Der Handel gilt als exemplarisch für den Web 2.0-Hype. Analysten warnen aber bereits, dass ähnliche Nachzüglerkäufe das schlechteste Geschäft aller Zeiten werden. Ein neuer Internet-Boom wie in den 90er Jahren ist also nicht unbedingt zu erwarten. Doch was bedeutet Web 2.0 eigentlich?

Du bist Content!

Eine Entwicklung lässt sich herausfiltern: der Wandel vom anbieterzentrierten zum anwendererstellten Content. Einer der Vorreiter ist Amazon, wo der Konsument nicht nur unkompliziert einkaufen, sondern auch rezensieren kann und von Amazon kontextsensitive Links präsentiert bekommt. T(r)endenziell bedeutet das: nicht der Anbieter sorgt für den Inhalt, sondern der User selbst beeinflusst das Marketing. Die Qualität des Inhaltes, oder genauer: die Qualitätsansprüche der Besucher und die Anzahl der wahrnehmbaren Nutzer-Aktivitäten entscheiden wesentlich mit über den Erfolg. Man lässt den User für ein Projekt arbeiten, und je näher sich der Inhalt diesem Prinzip mit breiter Akzeptanz nähert, um so mehr wird er derzeit mit dem Begriff Web 2.0 belegt.

Es gibt auch einige technische Faktoren. Katalysatoren sind besipielsweise RSS-feeds oder Mikroformate. Die steigende Verbreitung von DSL-Anschlüssen und flat rates befreit Multimedia-Anwendungen zunehmend von langen Ladezeiten und Kosten. Die Verbindung der Technologien (X)HTML, CSS, DOM, XMLHttpRequest und Javascript wird unter der Bezeichnung AJAX geführt. Die Trennung der Technologien soll zukünftig den bisherigen Unterschied zwischen Webanwendungen und Desktop-Programmen hinsichtlich Benutzeroberfläche und Interaktion aufheben. Beispielhaft für diese Rich User Experiences (RUEs) steht Google maps. Ein konsequenter Einsatz von Webstandards lässt sich bei den "typischen" Web 2.0-Seiten aber nicht unbedingt feststellen. Proprietäre Javascripts verhindern immmer wieder crossbrowserkompatible Anwendungen und das eingesetzte (X)HTML ist meistens so invalide und unsemantisch wie es der Durchschnitt aller anderen Internetseiten auch ist. Am ehesten punkten hier noch die Wikis und Weblogs.

Little brother is watching you

Dennoch: Youtube.com ist tatsächlich ein exemplarisches Projekt. Jeder registrierte User kann dort selbst erstellte oder – zunächst unter Missachtung aller Urheberrechte – fremde Videos einstellen, die dann wiederum von anderen Besuchern bewertet oder kommentiert werden können. Das bringt nicht nur die Mitarbeiter in Lohn und Brot, sondern auch Heerscharen von Juristen. Zugleich werden die Verknüpfungs-Codes der einzelnen Videos mitgeliefert, so dass die Seite durch einfaches Copy & Paste weiterverbreitet werden kann. Der Anbieter fungiert also nur noch als Plattform und in heiklen Fällen als Moderator. So werden Präsentations- und Kommunikationsformen sowie ein riesiges Archiv von jederzeit abrufbaren Fundstücken geschaffen. Beispiel: Die Älteren unter Ihnen erinnern sich vielleicht noch an Bon Scott, den legendären AC/DC-Frontman, der 1980 seinen letzten Whisky-Exzess mit dem Leben bezahlen musste und das Internet nie kennengelernt hat. Er lebt in den Herzen der Fans weiter – und neuerdings auch bei youtube.com.

Dienste wie technorati.com, del.icio.us, bloglines.com oder flickr erlauben nicht nur die geordnete Veröffentlichung von Bildern und Links, sondern bieten durch die hohen Klickraten, RSS-Feeds oder gewichtete Schlüsselbegriffe (tags) eine inhaltsorientierte Möglichkeit zur weltweiten Eigendarstellung und Multiplikation. Teilweise lassen sich diese Angebote auch mit den eigenen Websites – vornehmlich Weblogs – koppeln. Einen themenorientierten Ansatz verfolgen Anbieter wie die Business-Plattform OpenBC oder der Fotopool photocase.com.

Interpreten in der zweiten Reihe

Andere nutzen die Unzahl von (halbprivaten) Inhalten und deren Verbreitung auf zentralen Plattformen, um daraus neue Formate zu entwickeln. Preisgekröntes Paradebeispiel ist Ehrensenf, bei dem auf humorige Weise Netzinhalte meist themenorientiert zusammengestellt und präsentiert werden. Hier regiert zwar nach wie vor der Anbieter den Inhalt, aber nur in Form der Auswahl und Moderation. Das Mitglied der Fangemeinde kann sich durch Kommentare oder Vorschläge an den werktäglich produzierten Sendungen beteiligen.

Was bleibt? Letztlich ist Web 2.0 die Umsetzung dessen, was die Protagonisten des Internet bereits in den 90er Jahren ankündigten, so dass man eher von einem weiteren Vollzug der sowieso beabsichtigten Interaktivität in Verbindung mit Marketingstrategien sprechen kann als von einer neuen Form des Internets. Sir Tim Berners-Lee drückt es drastischer aus: Natürlich ist Web 2.0 ein Kauderwelsch, von dem sogar niemand weiß, was es bedeutet.

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Kommentare

Politisches Jou...
am 13.12.2006 - 22:11

Übrigens hat Web 2.0 mittlerweile auch eine gesellschaftliche/staatliche Funktion inne: Betreiber der jeweiligen Plattformen - auch Blogs - tragen zum Archiv der Nationalbibliothek bei: http://www.tiuz.de/nationalbibliothek-rechtliche-fallstricke-fuer-web-20/

Leider bedeutet dies gleich auch rechtliche Probleme - wie immer, wenn der Gesetzgeber im spiel ist.

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