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Sonnenseiten: Begrüßung

Wir haben noch nicht alle älteren Artikel nachbearbeitet. Das bezieht sich in der Regel nur auf die Codebeispiele, die noch nicht optimal dargestellt werden.

Sonnenseiten: Begrüßung

Für die ersten Sätze eines Textes gelten die verschiedensten Regeln. Je nachdem ob es etwa um Literatur, Artikel oder Werbebotschaften geht. Auch für Webseiten sollte es Regeln für die Begrüßung geben, meint Nicolai Schwarz zum Auftakt der Sonnenseiten.

»Ilsebill salzte nach«. Diese einfachen drei Worte bilden den ersten Satz des Romans »Der Butt« von Günter Grass. Im November 2007 hat eine prominent besetzte Jury (u.a. Literaturkritikerin Elke Heidenreich und Jutta Limbach, die Präsidentin des Goethe-Instituts) diesen Satz zum »schönsten ersten Satz« in der deutschsprachigen Literatur gekürt.

In der Einleitung zum Wettbewerb hieß es:

»Der erste Satz ist wichtig. In der Liebe wie auch in der Literatur. Ein guter erster Satz entscheidet oftmals schon darüber, ob wir uns in einen Menschen oder in ein Buch verlieben, ob wir berührt werden und uns voller Neugier auf das Versprechen einer guten Geschichte einlassen.«

Übertragen aufs Web

Was Webseiten angeht, müssen an den ersten Satz natürlich keine literarischen Maßstäbe angelegt werden. Trotzdem ist er deshalb nicht gleich weniger wichtig. Auch hier kann er den Leser dazu verleiten, weiter zu lesen, weiter zu klicken.

Vielleicht sollte es auch für Webseiten einen Wettbewerb zum – leicht erweitert – »besten ersten Absatz« geben. Nach meinen Kriterien sollte in diesem Absatz erklärt werden, was die Webseite wem bietet. Und dann sollte er den Leser möglichst an die Hand nehmen und weiterführen. Nach dem Motto: »Und jetzt klick bitte hier!«.

In der Praxis

Wenn immer ich über Text auf Webseiten rede, bringe ich regelmäßig meinen Favoriten zu diesem Thema: twitter.com. Twitter braucht tatsächlich nur einen Satz, um den ganzen Sinn der Webseite zu klären:

Screenshot: twitter.com

»Twitter is a service for friends, family, and co–workers to communicate and stay connected through the exchange of quick, frequent answers to one simple question: What are you doing?«

Auf Deutsch etwa:

»Twitter ist ein Service für Freunde, Familie und Arbeitskollegen, um zu kommunizieren und in Verbindung zu bleiben durch den Austausch von schnellen, häufigen Antworten auf eine einfache Frage: Was machst du gerade?«

Direkt im Anschluss führt der »Get Started – Join«-Button zur Anmeldung.

Bis auf weiteres mein liebster erster Satz.

Zur Aktion

Dies ist ein Text zur Aktion Sonnenseiten: Webkrauts loben – höchst subjektiv – einzelne Details von Webseiten. Entgegen unserer Gewohnheit steht diesmal nicht der Quelltext, sondern die Idee im Mittelpunkt.

Kommentare

Sylvia Egger

Sylvia Egger
am 08.07.2008 - 09:28

Ein sehr schöner Einstieg in das Thema!

Der Vergleich mit der Literatur und deren ersten Satz ist natürlich verführerisch. Der erste Satz von Kafkas Verwandlung hat tatsächlich Teaser- oder Summary-Qualität. Im ersten Satz ist quasi die ganze inhaltliche Spannbreite des Textes schon mal angelegt.

Dennoch sehe ich für das Web einen Unterschied. Der erste Satz hat meisthin Teaserqualität und führt nicht direkt im Anschluss an den eigentlichen Inhalt. Im Buch führt der erste Satz schlicht an den nächsten. Im Web, wenn es schnell geht, in den nächsten Absatz oder zu einer Detailsseite.

Deswegen würde ich hier Genettes Paratextualität mit hinzunehmen wollen, wie die Klappenqualität im Buch hat der twitter Satz als Hinführung eine Epittext-Funktion. Der Paratext führt als eine Art Kommentar zum eigentlichen Inhalt. Während der erste Satz in der Literatur gemeinhin nicht paratextuell ist, sonder schlicht zum eigentlichen Inhalt gehört. :)

Der twitter-Satz hat für mich durch die Aufgabe, alles in einem Satz zu sagen, auch eine - ich sage jetzt das eher wertfrei - leichte Bandwurmqualität. Es liesse sich hier sicherlich noch kürzen, ohne die Spannung zu nehmen.

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Reinhard Schwederski
am 08.07.2008 - 10:46

„Anführungszeichen setzt man am Anfang unten und am Ende oben. Auch in der Literatur und im web.“

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Nicolai Schwarz

Nicolai Schwarz (Autor)
am 08.07.2008 - 11:03

@Reinhard Schwederski: Völlig richtig. Das kommt davon, wenn man gewohnt ist, dass das CMS die Zeichen automatisch korrigiert. Sollten wir vielleicht mal einbauen.

Ich habe die Zeichen nun manuell in Guillemets umgewandelt.

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Sylvia Egger

Sylvia Egger
am 08.07.2008 - 12:02

@nicolai
Also bevor das hier wieder falsch rezipiert wird. :)
Das war ein deutliches Lob - und ich hab mich nur angeregt gefuehlt, dass noch ein wenig weiter aus dem Blickwinkel der Textwissenschaft zu spinnen.

Ich bin mir klar, dass das hier kein Ort für ein Oberseminar ist. :)

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ameise
am 09.07.2008 - 00:35

wahnsinn...
für mich ist dieser Satz einer der langweiligsten und gewöhnlichsten satz, den ich je gelesen habe.
was soll daran besonders sein? verstehe ich nicht.
mich würde der satz nicht überzeugen der community beizutreten.

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Nicolai Schwarz

Nicolai Schwarz (Autor)
am 09.07.2008 - 00:51

@ameise: Es wird keinen Satz geben, der jedweden Besucher davon überzeugt, einer Community beizutreten. Das Besondere an diesem Satz ist, dass er kurz und bündig erklärt, was die Webseite wem bietet.

Und das ist bei vielen anderen Webseiten nicht der Fall. Da muss man raten, was der Nutzen ist oder für wen die Seite gedacht ist.

Ob der Satz nun langweilig ist oder nicht, ist mir hier egal: Er erfüllt den Zweck.

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ameise
am 09.07.2008 - 20:02

dich kann mal aber leicht beeindrucken...
und was ist bitte schön daran besonders? ein 5-jähriger hätte diesen satz verfassen können!

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Nicolai Schwarz

Nicolai Schwarz (Autor)
am 09.07.2008 - 20:34

@ameise: Hätte jener 5-Jährige auch bemerkt, dass ich die Frage nach dem Besonderen bereits im Kommentar davor beantwortet habe?

Ernsthaft: Der Satz muss dir nicht gefallen. Das ist völlig in Ordnung. Im Rahmen der Sonnenseiten-Aktion reicht es, wenn der Satz mir gefällt. Ist halt eine subjektive Aktion.

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Philipp Bosch
am 10.07.2008 - 17:12

@ameise: Der Anspruch an diesen Satz darf nicht sein, dass er den Leser sofort überzeugt, sich anzumelden, das Produkt zu kaufen, oder was auch immer. Der Anspruch ist, dass der Leser nach den paar Worten sofort weiß, worum es auf der Website oder bei dem Produkt geht. Diesem Anspruch wird der Satz auf twitter.com in hervorragender Art und Weise gerecht. Ihn zur Anmeldung oder zum Kauf zu bewegen muss dann der Rest der Website leisten.

Den Vergleich mit dem ersten Satz eines Romans darf man nicht überstrapazieren. Wenn jemand ein Buch liest, nimmt er sich üblicherweise Zeit dafür und will nicht im ersten Satz schon erfahren, dass der Gärtner der Mörder ist. Das ist bei einer Website etwas anders gelagert.

Diesen Satz nennt man auch gerne "Elevator Statement", da man ihn dann gut gebrauchen kann, wenn man nur eine Aufzugfahrt Zeit hat, jemandem eine Sache zu erklären. vgl. Wikipedia

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